Laufend gehen in unserem Alltag Dinge kaputt. Anstatt zu reparieren, wird oft unmittelbar ein Ersatz gekauft. Wachsende Abfalberge, steigende CO2-Emissionen sowie eine sinnlose Ausbeutung von Ressourcen sind die Folgen. Die Ausstellung Repair Revolution! im Museum für Gestaltung Zürich präsentiert noch bis am 15. Oktober 2023 die Vision einer Reparaturgesellschaft und untersucht, welche Rolle das Design auf dem Weg dahin spielt.
Während in der vorindustriellen Gesellschaft sowie in Krisenzeiten das Reparieren von Dingen alltäglich und notwendig war, wird in westlichen Ländern heute häufig darauf verzichtet. Fachkundige Reparaturen sind meist weitaus kostspieliger als Neuware. Gleichzeitig fehlt das nötige Wissen oder das passende Material, um selbst Hand anzulegen. Vor dem Hintergrund der Klima- und Umweltkrise des 21. Jahrhunderts sollte aber wieder vermehrt repariert werden. SchweizerInnen entsorgen jährlich rund 15 Kilogramm Kleider, und mit 23 Kilogramm pro Jahr und Kopf ist die Schweiz weltweit die drittgrösste Elektroschrottproduzentin. Die globale Recyclingquote beträgt weniger als ein Fünftel, zu viel landet auf illegalen Abfallhalden im globalen Süden.
Das Prinzip der Reparierbarkeit
Ob ein Gegenstand repariert werden kann, entscheidet sich oft bereits im Entwurfsprozess. Während die reparatur- und wartungsfreundliche Gestaltung im Maschinenbau fester Bestandteil der Entwurfspraxis ist, bleibt sie im breiten Produktdesign eher noch die Ausnahme. Allerdings gibt es auch hier Entwicklungen und Projekte, welche die Reparierbarkeit von Produkten ins Zentrum stellen. Modular aufgebaute Kopfhörer, ein reparierbarer Mixer oder Schuhe mit austauschbaren Sohlen tragen das Designprinzip des Reparierens in die Produktwelt der Gegenwart.
Die Ausstellung zeigt, dass das Reparieren im Umgang mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts umsetzbare Möglichkeiten bietet. Fünf thematische Bereiche zeichnen ein vielstimmiges Bild von Initiativen und Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. «Made to Break?» führt die Abfallproblematik plastisch vor Augen, in «Pièces de Résistance» wird die Schönheit reparierter Gegenstände aus verschiedensten Zeiten und Kulturkreisen zur Inspiration für heute. Im Bereich «Radikal reparabel» wird gezeigt, dass Reparierbarkeit eine Designaufgabe ist. «Reparatur-Material total» spannt einen Bogen von Materialinnovationen zu bekanntem Flickzeug. «Repair-it-together» zeigt Initiativen und Kollektive, welche Reparieren als gemeinschaftliche Praxis begreifen.
Ästhetische, kulturelle und soziale Praxis
In der westlichen Gesellschaft gilt Neuware als das höchste Gut. Die Ausstellung lädt zum Umdenken ein: Dank formbarem Kleber wie Sugru und Formcard oder mit Kintsugi vergoldete Bruchstellen werden reparierte Schäden zum Hingucker. Ein aufwändig instandgehaltener Kimono, reparierte Landistühle, Flicksocken aus dem Appenzell oder neu glasierten Keramikscherben, auf welchen ein Zürcher Sterne-Restaurant Brot reicht, sind weitere Beispiele für ein anderes Konzept von Ästhetik.
Als kulturelle und soziale Praxis bietet das Thema grosses Potential für Innovationen auch abseits der klassischen Produktgestaltung. Das Schweizer Startup rrreefs zum Beispiel entwickelt modulare künstliche Korallenriffsysteme in Form von 3D-gedruckten Tonbausteinen, an deren Oberflächenstrukturen Korallen wachsen können. Oder das pan-afrikanische partizipative Projekt «Agbogbloshie Maker Space Platform Spacecraft» (AMP) bringt Maker:innen der weltweit grössten Elektroschrott- Müllhalde in Ghana mit jungen Fachleuten aus der Wissenschaft zusammen.
Öffnungszeiten
Die Ausstellung dauert vom 31. März bis am 15. Oktober 2023 und ist jeweils von Dienstag–Sonntag von 10–17 Uhr sowie am Donnerstag bis 20 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen zum Besuch sowie Öffnungszeiten an Feiertagen gibt es hier.