Donato Scognamiglio, VRP der IAZI AG, hat über die Lage auf dem Schweizer Immobilienmarkt berichtet. Kurz zusammengefasst hat er aufgrund seiner Analyse die folgenden Schlüsse gezogen. Die Schweizer Wirtschaft schwächele zwar, meinte er, sei aber insgesamt auf gutem Kurs. Davon unbeeindruckt verzeichne der Immobilienmarkt noch keinerlei Anzeichen für eine Korrektur; die Preise für Wohneigentum wachsen munter weiter. Während die Bestandesmieten aufgrund des wohl wieder sinkenden Referenzzinssatzes leicht abnehmen dürften, steigen die Angebotsmieten in den Agglomerationen und den Tourismus-Regionen markant. In den Bergregionen boomten die Ferienwohnungen, was aber Probleme für Einheimische und Saisonniers mit sich bringe. Eine Revision der Lex Weber scheine aus seiner Sicht in dieser Situation unausweichlich.

Wirtschaftsleistung pro Kopf stagniert

Gemäss Scognamiglio hat Schweizer Konjunkturlokomotive in diesem Jahr etwas abgebremst. So ist die Wirtschaftsleistung pro Kopf seit 2022 stagniert. Dennoch ist die Wirtschaftsbilanz für dieses Jahr positiv verhalten.

Die Arbeitslosigkeit befindet sich weiterhin auf einem tiefen Niveau, während die Inflationsrate dieses Jahr auf rekordtiefe 0.6% gesunken ist. Der Leitzins steht zurzeit bei 1 Prozent. Eine weitere Lockerung bezeichnet der neue SNB-Präsident Martin Schlegel als wahrscheinlich.

Wann kommt die 10-Millionen-Schweiz?

Laut einem Szenario des Bundesamtes für Statistik (BfS) dürfte die 10-Millionen-Marke bereits im 2040 erreicht sein. Wenn die Schweiz weiterhin durch eine attraktive Standortpolitik Unternehmen zu einer Niederlassung motiviert, kommen auch Arbeitskräfte in unser Land. Das ist an sich erfreulich, denn diese Arbeitnehmer füllen die Lücke auf, die durch die Pensionierung der Babyboomer entsteht. Doch all diese zugewanderten Menschen benötigen Wohnungen, die einem hohen Wohnstandard entsprechen und sich idealerweise in der Nähe des Arbeitsplatzes befinden sollen. Theoretisch gibt es genügend Baulandreserven, doch gerade dort, wo die Nachfrage nach Wohnraum am höchsten ist, werden diese Reserven im Laufe der nächsten Jahre erschöpft sein.

Keine Preiskorrektur für die Schweiz

In der Pressemitteilung von IAZI heisst es: “Der hiesige Immobilienmarkt verzeichnet weiterhin Rekordwerte. Während Nachbarländer wie Deutschland (-12.2%) oder Frankreich (-4.5%) in den letzten 24 Monaten teilweise empfindliche Preiskorrekturen hinnehmen mussten, glänzt die Schweiz weiterhin als Klassenbester.“

Und weiter: “In den letzten zwei Jahren seien die Preise für privates Wohneigentum um +8.9% gestiegen. Seit 1998 beträgt der Preiszuwachs bei Eigenheimen +130.5%, in den letzten 12 Monaten betrug das Preiswachstum +3.8%, und in den letzten 6 Monaten haben sich die Preise um +2.0% aufgewertet.“

Aufwertung von Renditeimmobilien

Der Markt für Renditeimmobilien ist ist auch auf Basis der neuesten Daten von IAZI seit 25 Jahren eine unaufhaltsame Erfolgsgeschichte. Das oft beschworene Platzen von einer Preisblase sei nicht eingetroffen, sagte Scognamiglio, allerdings habe es immer wieder kleinere Abschwächungen gegeben in der Preiskurve. Viele Faktoren deuteten darauf hin, dass die Branche im nächsten Jahr die Renditeimmobilien wieder aufwertet. Grund dafür sind der vermutlich weiter sinkende Leitzins der SNB, die durch die anhaltende Zuwanderung weiterhin starke Nachfrage nach Wohneigentum und damit verbunden die steigenden Preise bei der Angebotsmiete.

Preishitze in den Schneeregionen

Wohnungsmangel ist aber nicht nur in den grossen Metropolitanregionen ein Thema. Auch in den Bergregionen seien Wohnungen sehr knapp geworden, schreibt IAZI. Dies sei auch dem Umstand geschuldet, dass der Markt für Ferienwohnungen in den touristischen Regionen in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt habe. IAZI schreibt: “Nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative stand der Markt unter keinem guten Stern. Stagnierende Preise und auffallend viele zum Verkauf ausgeschriebene Objekte prägten damals das Bild. Während der Covid-Zeit haben viele Schweizerinnen und Schweizer aufgrund der Reiserestriktionen ihr eigenes Land als Feriendestination wiederentdeckt. Zusätzlich hat sich der Schweizer Tourismus weitgehend erholt und knüpft wieder an frühere Erfolge an. Im Jahr 2023 wurden rund 41 Mio. Logiernächte erzielt, das sind leicht mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 (39 Mio.).“

In einzelnen Berggemeinden ist der vom Gesetz vorgeschriebene Zweitwohnungsanteil von 20% weit überschritten ist. In Arosa beträgt der Anteil beispielsweise 75%, in Scuol 61%, in Obergoms 79% und in Grindelwald 63%. Die Preise für Zweitwohnungen haben sich seit 2015 um +48% erhöht, während sich die Preise allein im Jahr 2023 um +14% erhöhten. Die schneelosen Winter werden die Attraktivität der Ferienwohnungen weiterhin anheizen, vor allem in solchen Destinationen, die auf einer Höhe von 1000 Meter über Meer liegen.

Im Tal wohnen und auf dem Berg arbeiten

Besonders problematisch wird die Situation für Einheimische und saisonale Arbeitskräfte, wenn sich die Schere zwischen der Entwicklung von Angebotsmieten und Nominallöhnen weiterhin auftut. Saisonniers müssen auch längere Arbeitswege in Kauf nehmen, wenn sie in der Nähe des Arbeitsplatzes keine bezahlbare Wohnung mehr finden. Das Beispiel Zermatt zeigt auf, wie Arbeitskräfte immer weiter ins Tal ausweichen, um von den Mietpreisunterschieden zu profitieren. In Zermatt beträgt der Mietpreis 3’270 Schweizer Franken, etwa tausend Meter weiter unten in Viège beträgt der Mietzins nur noch 1’850 Franken, was einen Unterschied von 43% ausmacht.

Bezahlbare Unterkünfte teilweise als airbnb

Weil über airbnb alle zu Gastgebern werden können, sind nun die Wohnungsbesitzer neben den Hotels im Tourismus aktiv. Die Wohnungen, in denen früher Angestellte der Hotels und Herbergen wohnten, sind nun als lukrative airbnb-Wohnungen ausgeschrieben. Am Ende der Entwicklung steht der airbnb-Vermieter, der für seine Wohnung kein Putzpersonal mehr findet, weil Letztere in Zermatt und Umgebung keine bezahlbare Wohnung mehr finden. Oder das Hotel, das die Rezeption abends früher schliessen muss, weil die Rezeptionistin den letzten Zug runter ins Tal erwischen muss, wie ein Schweizer Finanzblatt vor Kurzem schrieb.

IAZI sieht daher keine Entspannung in den Bergregionen: “Tiefe Leerstände in Tourismusregionen deuten auf die alpine Wohnungsnot hin. Nur gerade im Tessin beträgt die Leerwohnungsziffer derzeit teilweise über 3 Prozent. Angesichts dieser Tatsache entstehen viele lokalen Initiativen, um den Einheimischen ein bisschen frische Luft zum Atmen zu verschaffen. Dazu zählen zum Beispiel direkte Finanzhilfen oder Subventionen, aber auch Einschränkungen bei der Airbnb-Vermietung oder der Bau von Wohnungen für Saisonniers. Allerdings weisen viele Probleme auf eine längst fällige Revision der Lex Weber hin“, sagte Scognamiglio zum Liegenschaftenmarkt in den Tourismusregionen.