Mit seinen fantasievollen Titelschriften, die sich erfrischend vom damaligen Mainstream absetzten, erlangte der Schweizer Grafiker und Künstler Walter F. Haettenschweiler weltweit Bekanntheit. Bereits während seiner Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule entwarf er in den 50er-Jahren die legendäre schmalfette Grotesk, die heute noch als Microsoft-Systemschrift Haettenschweiler verwendet wird. In der Ausstellung Haettenschweiler von A bis Z stellt das Museum für Gestaltung Zürich erstmals sein facettenreiches Gesamtwerk.

Haettenschweiler als stilbildender Typograf

© Werner Mäder, Uetikon

Zu Haettenschweilers Zeiten war Grafik noch echtes Handwerk mit Pinseln, Lupen und Bürsten. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Stilistische Vielfalt gepaart mit leisem Humor, Improvisationsgeschick und präzisem Handwerk kennzeichnen das vielseitige Werk von Haettenschweiler (1933–2014). Weltweite Beachtung fanden seine mit Armin Haab herausgegebenen Lettera-Bände, deren originelle Schriftmuster die Vertreter des Swiss Style provozierten galten damals als Standardbuch guter Gebrauchsschriften. Die Erfolgsgeschichte dieser Bücher, von 1954 bis 1972 im Niggli Verlag in vier Sprachen erschienen und in über 60 Ländern verkauft, nahm ihren Anfang im Atelier des Fotografen Armin Haab. Dieser liess seine Fotomappen mit individuell auf deren Inhalt abgestimmter Typografie beschriften. Die Lettera-Bände trafen den Nerv der Zeit, gab es doch auf dem aufstrebenden Zeitschriftenmarkt einen Mangel an fantasievollen Titelschriften.

© Werner Mäder, Uetikon

Die Ausstellung „Haettenschweiler von A bis Z“ zeigt unter anderem auch Magazine, die seine Titelschriften verwendet haben. Foto: © Werner Mäder, Uetikon

Kultmagazine wie Twen und Hitweek Magazin oder Paris-Match, Cuba international und Epoca verwendeten Haettenschweilers Lettera-Schriften, und auch viele Plattencovers, Plakate oder Buchumschläge sowie die Fachzeitschrift Archithese wurden damit bestückt. Seit einigen Jahren manifestiert sich im Kulturbereich ein Revival dieser Schriften.

Den Lebensunterhalt für seine siebenköpfige Familie verdiente Haettenschweiler aber nicht mit Schriften, sondern mit seinem «Studio für Werbung und Design». Von hier aus bediente er während rund fünfzig Jahren über 160 regionale und internationale KundInnen aus Industrie, Handel, Dienstleistung, Kleingewerbe, Gastronomie und Kultur. Einige seiner Logos und Signete für Läden, Restaurants und Firmen werden heute noch genutzt.

Die Ausstellung Haettenschweiler von A bis Z

Die monografische Ausstellung Haettenschweiler von A bis Z fokussiert auf seine Schriftgestaltung und Gebrauchsgrafik, die sie mit historischen sowie aktuellen Interviews kommentiert. Haptische und digitale Interventionen von Studierenden der Visuellen Kommunikation der ZHdK laden das Publikum ein, Haettenschweilers Schriften selbst auszuprobieren und den Entwurfs- sowie Aneignungsprozess aus heutiger Sicht zu befragen. Derweil präsentiert ein externes Forschungsteam die Ergebnisse eines intelligenten Schrifterkennungstools (Deep Learning), das Anwendungen der Schmalfetten Grotesk in Online-Archiven aufsucht. Erzählungen von Haettenschweilers ehemaligen Lehrlingen und eine Filmanimation erwecken indes das Atelier des Gestalters mit seinen Werkzeugen, Entwurfsmustern und Inspirationsquellen zu neuem Leben. Seinem Atelier in der Ausstellung schliesst sich unmittelbar ein Vermittlungsatelier an, in welchem Jung und Alt mit manuellen Techniken selbst experimentieren können. So ermöglicht die Ausstellung nicht nur eingefleischten Schriften-Fans einen umfassenden Einblick in das facettenreiche Werk dieser inspirierenden Gestalterpersönlichkeit.

Publikation

Museum für Gestaltung Zürich, Barbara Junod (Hg.): Haettenschweiler von A bis Z: Grafik und Schriftgestaltung
Mit Beiträgen von Rudolf Barmettler, Florian Hardwig, Barbara Junod, Daniela Mirabella, Clovis Va- llois, ISBN 978-3-907265-20-8, Erste Auflage / First edition

Vermittlung

Informationen zu Gesprächen, Führungen, inklusiven Angeboten und Workshops sind auf der Website zu finden: museum-gestaltung.ch/agenda

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 10–17 Uhr, Donnerstag 10–20 Uhr
Weitere Informationen zum Besuch sowie Öffnungszeiten an Feiertagen: museum-gestaltung.ch/besuch