Das Notariatswesen ist in der Schweiz sehr vielfältig und kantonal geregelt. Es gibt sowohl amts- als auch private Notariate. Warum hat sich Wüst und Wüst Küsnacht für eine hauseigene Notariatsfachstelle entschieden?
Monika Ruf Hollenweger: Da unsere Kundschaft über uns hauptsächlich Bestandesliegenschaften im gehobenen Preissegment und exklusive Neubauprojekte kauft oder verkauft, ist für uns eine umfassende Betreuung während des ganzen Verkaufsprozesses selbstverständlich.
Mit unserer hauseigenen Notariatsfachstelle gewährleisten wir beiden Vertragsparteien von Beginn weg eine auf ihre individuellen Bedürfnisse ausgerichtete Betreuung und zeitgerechte Abwicklung von Grundstückskaufverträgen.
Die hauptsächlich für die Beurkundung zuständigen Notariate können meist diese sehr zeitaufwändige Dienstleistung nicht erbringen. Zudem sind ihnen die tatsächlichen Verhältnisse und der aktuelle Zustand der Kaufobjekte in den wenigsten Fällen bekannt. Wir pflegen während des ganzen Verkaufsprozesses zu beiden Vertragsparteien einen engen Kontakt und kennen deren Bedürfnisse und Erwartungen, die für die Vertragsgestaltung von Bedeutung sind.
Deshalb können wir den für die Beurkundung zuständigen Notariate fertig verhandelte und rechtsverbindliche Verträge einreichen. Meine persönlichen Kontakte zu den Urkundspersonen und die oft mehrjährige Zusammenarbeit haben so eine Basis für gegenseitiges Vertrauen entstehen lassen.
Welche Vorteile habe ich konkret bei einem Kauf oder Verkauf einer Liegenschaft?
M. R H: Dank unserer Notariatsfachstelle können wir die KäuferIn oder VerkäuferIn fachkompetent und individuell durch den ganzen Verkaufsprozess begleiten.
Bereits bei Mandatsbeginn prüfe ich die Kaufobjekte sachen- und grundbuchrechtlich. So verhindere ich unerfreuliche und unerwartete Überraschungen zum Kaufgegenstand kurz vor Vertragsabschluss.
Die Vertragsparteien erhalten innert kürzester Frist einen ersten Kaufvertragsentwurf. Diesen bereinige ich mit ihnen im persönlichen Gespräch. Dabei können wir allfällige zusätzliche Bedürfnisse oder Erwartungen berücksichtigen oder mögliche Missverständnisse unter ihnen vermeiden. Dieser Austausch erleichtert das Entstehen eines massgeschneiderten Vertrags, der die übereinstimmenden Willenserklärungen beider Parteien enthält. Dieses Vorgehen gibt beiden Vertragsparteien die nötige Sicherheit bei Vertragsabschluss.
In welchen Phasen eines Liegenschaftshandels sind die Notariatsaufgaben besonders wichtig?
M. R H: Notariatsaufgaben sind sowohl in der Akquisitionsphase, als auch bei der Mandatsaufbereitung und punktuell in der Verkaufsphase sehr wichtig; also immer dann, wenn sachen- und grundbuchrechtliche Fragen auftauchen.
Von zentraler Bedeutung ist meine Tätigkeit bei der Ausarbeitung des Kaufvertrags samt Vertragsverhandlungen mit den Parteien und/oder deren BeraternInnen (Anwälte / TreuhänderInnen / BankberaterInnen) und natürlich mit dem zuständigen Notariat und Grundbuchamt. Diese prüfen dann den finalisierten Kaufvertrag nach ihren Vorschriften, beurkunden ihn öffentlich und melden ihn zur Eintragung ins Grundbuch an.
Zeigen Sie uns doch bitte einmal am Beispiel eines Liegenschaftenverkaufs auf, wie konkret Sie als Notariatsfachfrau in diesen Prozess einbezogen sind.
M. R H: Nehmen wir das Beispiel, das wir kürzlich in unserer Rubrik «Maklerepisoden» vorgestellt haben. Wir wurden eingeladen, eine Vermarktungsofferte für eine Attikawohnung an begehrter Stadtlage zu unterbreiten. Bei der Prüfung der Grundbuchdokumente (Grundbuchauszug, Stockwerkeigentumsbegründung, das Reglement) ist mir aufgefallen, dass die Aufteilungspläne als Teil der Stockwerkeigentumsbegründung gefehlt haben. Aus diesen Plänen sind jeweils der Umfang der Wohnung (Sonderrecht) und ausschliessliche Benutzungsrechte wie z.B. Terrassen, Balkone oder Sitzplätze ersichtlich. Da der Verkäufer über keine solchen Aufteilungspläne verfügte, forderte ich diese direkt beim Grundbuchamt an.
Und was haben Sie dabei entdeckt?
Zur Überraschung des Verkäufers stellte ich fest, dass der zum Verkauf stehenden Wohnung nicht nur die Terrasse auf der Wohnebene zugeteilt war, sondern zusätzlich auch noch die Hälfte der darüber liegenden Dachterrasse. Es folgten Gespräche und Verhandlungen mit dem Nachbarn, der die Dachterrasse bisher allein benutzte, mit der Verwaltung, mit dem Grundbuchamt, mit dem Architekten und dem Bauamt.
Das positive Ergebnis dieser Abklärungen: Wir konnten diese Attikawohnung zusammen mit einer Machbarkeitsstudie für die Erschliessung und Realisierung zur Benutzung der hälftigen Dachterrasse mit einem entsprechenden Mehrwert verkaufen. Der Nachbar musste seinen unrechtmässig genutzten Teil der Dachfläche zurückbauen und dem neuen Eigentümer überlassen.
Welche Rolle spielen Sie als Notariatsfachfrau beim Verkauf von Wohnungen in einem Neubauprojekt?
M. R H: Auch bei solchen Projekten bin ich von Anfang an im Prozess involviert. Ich erarbeite die Stockwerkeigentums-Begründung, erstelle das dazugehörende Reglement sowie die Kaufverträge und auf Wunsch konzipiere ich Grundstücksmutationen oder erstelle Dienstbarkeits-Verträge. So können wir unseren Käufern die grundbuchlichen Gegebenheiten detailliert und vollumfänglich erklären und auch die Hintergründe dazu erläutern.
Die meisten Notariate sind unabhängig. Sie aber sind möglicherweise Teil einer Partei bei einem Liegenschaftenhandel. Gibt es da keine Interessenskonflikte und was tun sie, wenn solche entstehen können?
M. R H: In der Regel verfügt ein Verkäufer nicht über genügende Kenntnis, was in einem Kaufvertrag alles zu berücksichtigen und zu vereinbaren ist. Ich sehe deshalb meine Aufgabe darin, sowohl einen für unsere Auftraggeberschaft als auch für die Käuferschaft vollständigen und willensübereinstimmenden Kaufvertrag auszuarbeiten. In Gesprächen und Vertragsverhandlungen mit den Parteien werden von mir die jeweiligen Bedürfnisse erfasst, nötigenfalls geklärt und verhandelt, sodass ich einen Vertrag erstellen kann, der die Anliegen beider Parteien berücksichtigt.
Erfahrungsgemäss sind Interessenskonflikte zu lösen, wenn ich auf die individuellen Bedürfnisse der Parteien eingehe, sie ernst nehme und wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Häufig stellen wir fest, dass sich die jeweiligen Bedürfnisse nicht «konkurrenzieren» oder gar «ausschliessen». Da sind dann manchmal auch «kreative» Lösungsoptionen gefragt. Dabei kommt mir sicherlich auch meine Weiterbildung als Mediatorin zugute. Unser Ziel bei Wüst und Wüst ist es immer, dass bei Vertragsabschluss beide Parteien vom Ergebnis und von unserer Dienstleistung überzeugt sind, damit sie uns auch guten Gewissens weiterempfehlen können.
Welche Probleme kann es geben, wenn eine Notariatsfachstelle nur fallweise beigezogen wird und nicht in den Prozess integriert ist?
M. R H: Wenn der Verkaufsprozess nicht rechtlich unterstützt wird, kann es zu ärgerlichen Missverständnissen, unnötigen Unsicherheiten oder zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommen. Im schlimmsten Fall kommt nach langen Verhandlungen dann eventuell gar kein Vertrag zustande oder das Mandat wird sogar gekündigt. Was dann bleibt, ist Unzufriedenheit bei allen Beteiligten.
Was motiviert Sie persönlich bei Ihrer Arbeit am meisten?
M. R H: Meine Motivation schöpfe ich vor allem aus den vielen Begegnungen und der Zusammenarbeit mit all den interessanten Menschen und ihren unterschiedlichen Charakteren, die am Abschluss eines erfolgreichen Liegenschaftshandels beteiligt sind.
Bei derart nicht alltäglichen und exklusiven Liegenschaften, wie sie bei uns gehandelt werden, gestaltet sich jede Transaktion sehr individuell und einmalig. Auch nach meinen über 15 Jahren bei Wüst und Wüst fühle ich mich jedes Mal aufs Neue herausgefordert.
Als Notariatsfachfrau bin ich an jeder Transaktion mitbeteiligt und kann so zu jedem Vertragsabschluss meinen Beitrag leisten und Mit-Verantwortung übernehmen.
Und zuletzt noch eine persönliche Frage: Was tun Sie am liebsten ausserhalb Ihrer Arbeit?
M. R H: In meiner Freizeit hege und pflege ich meinen Garten, schneidere und stricke, mache Yoga und gehe auf Touren mit meinem E-Bike. Überhaupt bin ich einfach gerne in der freien Natur.