In ihrer neuesten Lagebeurteilung schreibt das Immobilienbewertungsunternehmen IAZI, die «neue Normalität» im Corona-Regime habe bisher keine stärkeren Preiskorrekturen im Schweizer Immobilienmarkt verursacht. Allerdings stünden die Liegenschaften im Bereich Gastronomie, Hotellerie und Tourismus vor sehr grossen Herausforderungen. Gleichzeitig sei aber schon vorauszusehen, dass die Corona-Pandemie zu einer Verschiebung der Präferenzen in Bezug auf die Standortwahl führen dürfte.

Die seit Anfang Jahr grassierende Corona-Pandemie habe das Leben aller Einwohnerinnen und Einwohner massiv verändert, schreibt IAZI weiter. Alle Konjunkturforschungsinstitute rechneten für 2020 mit einem starken Rückgang des BIP und einem starken Aufschwung im nächsten Jahr.

Eigenheime bleiben begehrt

Preisentwicklung Wohneigentum

Quelle: IAZI

Privates Wohneigentum (Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen) weist gemäss den IAZI-Preisindizes im Zeitraum von einem Jahr immer noch ein starkes Preiswachstum aus (+2.4 % für Einfamilienhäuser; +3.2 % für Eigentumswohnungen). Ein Grund dafür liegt in den immer noch historisch tiefen Hypothekarzinsniveaus. Dies gibt denen, die die nötigen Eigenmittel besitzen, die Möglichkeit, ihren Traum nach den eigenen vier Wänden zu günstigen Konditionen zu verwirklichen.

Abwanderung auf's Land

Abwanderung auf’s Land; Quelle: BFS, IAZI

Allerdings sind die Preise für privates Wohneigentum immer noch auf sehr hohem Niveau, was gemäss Analyse von IAZI zu einer Abwanderung aus den Grosstädten in die umliegenden Regionen geführt hat.

Robuste Mehrfamilienhäuser in unsicheren Zeiten

Gemäss IAZI sind die Preise für Mehrfamilienhäuser Year-to-Date im November dieses Jahres seitwärts mit einem leichten Rückgang des Preiswachstums von -0.8 % verlaufen. Dies deutet darauf hin, dass die seit Anfang Jahr in Kraft getretenen schärferen Regeln für die Finanzierung von Mehrfamilienhäuser die gewünschte Wirkung zeigen. Hinter den Extremfällen von Erwerb von Liegenschaften zu einer extrem tiefen Rendite stehen meistens Akteure, die auf keine Fremdfinanzierung durch Banken angewiesen sind.

Leerstand-Risiko-Indikator

Leerstand-Risiko-Indikator; Quelle: IAZI

IAZI hat unter anderem auch untersucht, wie sich die Leerstandrisiken und Mietzinsniveaus auf Gemeindeebene entwickelt haben im Umland der 5 grössten Grosszentren der Schweiz wie z. B. im Zürich und seinem Umland. Die Schweizer Mieten (d. h. inserierte Mieten) sind momentan, ausser in Zürich, stabil bis leicht sinkend. Diese Stabilität ist auf die Ursache zurückzuführen, dass sich der positive Wanderungssaldo (Zuwanderung abzüglich Abwanderung) in den Gemeinden generell nicht stark verändert hat im Vergleich zum Vorjahr.

Wertkorrekturen bei kommerziellen Liegenschaften erwartet

Verursacht durch die landesweite Lockdown-Phase im März und auch durch lokale Lockdowns wird sich der Liegenschaftswert von kommerziellen Liegenschaften verringern. Besonders Betriebe im Gastrobereich, in der Hotellerie und im Tourismus sind durch Corona sehr stark betroffen und es ist in diesem Umfeld mit Betriebsschliessungen zu rechnen. Bei Verkaufsflächen wird sich der Strukturwandel durch die Abwanderung zum Online-Handel weiterhin fortsetzen. Bei Büroflächen wird sich unserer Meinung nach der Home-Office-Modus nach aller Voraussicht teilweise permanent etablieren, was längerfristig bedeutet könnte, dass weniger Bürofläche auf dem Markt nachgefragt wird. Allerdings wird der Flächenbedarf für einen Büroarbeitsplatz grösser werden, um die nötigen Abstände einzuhalten.

Wie Corona die Standortgunst der Wohnliegenschaften verändert

In zwei faktenbasierten Analysen hat IAZI untersucht, wie die Corona-Pandemie das Verhalten jedes einzelnen und die Ansprüche an den Wohnraum verändert haben. Diese Corona-bedingten Verhaltensänderungen haben auch die Wohnbedürfnisse verändert. Qualität der Wohnung, individuelle Verkehrsmittel, Nähe zu Grünflächen und insbesondere die Grösse der Wohnung stehen dabei im Zentrum. Das zusätzliche Bedürfnis nach einem Büroraum in der Wohnung dürfte diesen Trend künftig verstärken.

Top-Standort für das «new normal»

IAZI hat die Standortattraktivität aufgrund von Präferenzverschiebungen schweizweit auf Gemeindeebene neu ermittelt. Für die Berechnung sind 40 Einzelindikatoren massgebend, wobei nur Gemeinden ab 2000 Einwohnern berücksichtigt werden. Diese Indikatoren beziehen sich auf Werte bezüglich Arbeitsmarkt, Wohnsituation, Reisezeiten, die schulische, medizinische und kulturelle Versorgung etc., wobei hier bereits veränderte Prioritäten ersichtlich sind. Beispielsweise haben nun die Anzahl Ärzte oder Spitäler in der Gemeinde ein stärkeres Gewicht. Die ermittelten Top-Standorte für das Leben in der «neuen Normalität» sind: 1. Männedorf (ZH). 2. Erlenbach (ZH), 3. Hergiswil (NW), 4. Beckenried (NW), 5. Stans (NW), 6. Uitikon (ZH), 7. Ennetbaden (AG), 8. Ennetbürgen (NW), 9. Kilchberg (ZH) und 10. Zug (ZG).