Es ist immer wieder erstaunlich, welche kulturelle Kraft oft von kleinen, recht abgelegenen Alpentälern in der Schweiz ausgeht. Dies gilt in hohem Masse auch für die 4. Art Safiental Biennale, die in diesem Jahr noch bis am 23. Oktober 2022 unter dem Motto „Learning from the Earth“ zum freien Erwandern und Erleben zeitgenössischer Landschafts- und Umweltkunst einlädt. 15 Werke von Schweizer und internationalen Kunstschaffenden setzen sich kritisch mit der Gegenwart auseinander und schlagen Alternativen zu den aktuellen Entwicklungen und Umwälzungen vor. Was sind unsere Beziehungen zur Erde? Was können wir von ihr lernen, und was macht uns zu Menschen? Organisiert wird die Biennale vom Institute for Land and Environmental Art (ILEA) unter der Trägerschaft des Naturparks Beverin und in Kooperation mit der Gemeinde Safiental und Safiental Tourismus. Kurator der Ausstellung ist Johannes M. Hedinger.
Die Erde gibt uns Leben, Halt, Heimat und Perspektiven. In allen Kulturen wurde und wird sie verehrt. Der Art Safiental-Gründer und -Kurator Johannes M. Hedinger sagt zum diesjährigen Motto: «Learning from the Earth fordert nicht nur auf, auf den Klimanotstand zu reagieren, die Kunstprojekte zeigen auch alternative, teils vergessene oder verlernte Möglichkeiten auf, wie wir mit der Erde in Dialog treten und von ihr lernen können.»
Die Kunstschaffenden und ihre Werke für die Art Safiental 2022
Bei der Zusammenstellung der diesjährigen Künstlerliste wurde wiederum ein inklusives Verhältnis verschiedener Aspekte wie unterschiedliche Herangehensweisen, Gender, Alter, Herkunft und regionaler Bezug angestrebt. Über die Hälfte der Kunstpositionen sind Duos oder Gruppen, was auch den kollektiven und teilhabenden Charakter vieler der Projekte spiegelt. Viele der Projekte sind zudem hochgradig trans- und interdisziplinär und haben prozessuale oder partizipative Elemente.
Der Zürcher Marcus Maeder vermischt Kunst und Wissenschaft, um Umweltthemen zugänglich und erfahrbar zu machen.
Im wilden Naturwaldreservat Aclatobel zeichnet er im Rahmen seines öko-akustischen Forschungsprojektes «ACLA» seit Sommer 2021 die Mikroklima- und Umweltgeräusche auf. Diese «Soundscape» kann in einem hölzernen Horchposten vor Ort interaktiv erlebt werden (www.aclasoundscape.ch, Infos zum Projekt: Art Safiental Acla Video Dok.
Im verfallenden, akustisch interessanten Acla-Tunnel installiert Lithic Alliance von Daniel V. Keller aus Brüssel und Zürich ein bespielbares Lithophon, also steinerne Klangkörper. In dieser teilnehmenden Aktion verbinden sich die Besuchenden für einen kurzen Moment mit den lokalen Steinen und diesem Ort.
Das Paar Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger aus Langenbruck lädt um Tenna auf zwei Liegen ein: In einem abgelegenen Waldstück in Ausserberg und in einem Stall in Innerberg sind Hängebetten installiert, auf denen man sanft schaukelnd seine Augen erfrischen kann. Ausserdem hat das Künstlerduo eine Nutzfläche namens «Ackergold» angelegt, die sich zu einem pflanzlichen Gesamtkunstwerk entwickeln wird.
Das Bündner/Walliser Künstlerduo Badel/Sarbach zeigt im Servicestollen der Zervreila-Wasserkraftwerke in Safien-Platz eine Video-Installation und Hängeskulpturen.
Ihr neuer Film «Lost Waters & Found Stairs» nähert sich dem Lebensraum Fluss an. Zusammen mit einem wissenschaftlichen Fischmonitoring entsteht ein vielschichtiger und multiperspektivischer Kommentar über unser Natur-Kultur-Verhältnis.
Das Zürcher Duo Simon/Odermatt, das Ende der letzten Art Safiental seinen Schlitten fliegen liess, zieht’s wieder hoch hinauf.
Auf der Via Capricorn, zuhinterst im Safiental auf rund 2500 m ü.M., werden die Künstler in einen spielerischen Dialog mit der dort angesiedelten Steinbockkolonie treten. Unten im Tal sind in einem Stall die von den Steinböcken abgewetzten Wanderwegmarkierungen ausgestellt.
Die Spanierin Lara Almarcegui kollaboriert mit dem im Tal ansässigen Kieswerk und macht die Transformationsprozesse von (Erd)-Material sicht- und erlebbar. An ausgewählten Tagen kann das Publikum das stillstehende Werk besuchen und zwischen den ruhenden, von Wasser und Natur geformten Materialien wandern, ehe es Teil eines neuen Konstruktionsprozesses wird.
Besuch und Vermittlung
Praktisch alle Werke der Art Safiental 2022 sind rund um die Uhr besuchbar und durch unterschiedlich lange Wanderwege erschlossen. Teilweise kann man auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Privatwagen hinfahren, respektive in die Nähe gelangen.
Im Berghotel Alpenblick in Tenna kann man sich mit weiteren Informationen zur Biennale, den ausstellenden Kunstschaffenden und den anderen Departementen von ILEA eindecken. Eine Übersichtskarte mit Infos zu den Werken und praktischen Tipps ist ab dem 2. Juli erhältlich (online und als Faltkarte in allen Hotels, Restaurants und Info-Stellen im Tal). Ab Ende Juli ist zudem ein kleiner Katalog erhältlich. An vier Sonntagen finden offizielle Führungen statt. Werk-Tafeln vor Ort und die Website www.artsafiental.ch helfen ebenfalls bei der Vermittlung.
Geführte Rundgänge über die Art Safiental: 24. Juli, 14. August, 18. September und 9. Oktober 2022. Anmeldung und Details zu weiteren Veranstaltungen unter www.artsafiental.ch.
Allgemeine Informationen
www.artsafiental.ch: Ausstellung, Werke, Künstlerliste, Karte, Wandertipps, Events, Fotos, Videos
www.alpsartacademy.ch: Sommerakademie, Symposium, Werke der Teilnehmenden
www.ilea.art: Geschäftsstelle, Forschung, Archiv, Publikationen, Projekte, Indoor-Ausstellungen
www.safiental.ch/tourismus: Unterkünfte und touristische Angebote, Tel +41 81 630 60 16