Der Pavillon Le Corbusier in Zürich zeigt bis am 26. November 2023 eine Ausstellung zu Le Corbusiers weltbekannten Proportionssystem «Modulor». Die Verbindung von menschlichem Massstab und Goldenem Schnitt kann denn auch im Pavillon selbst erlebt werden, ebenfalls integral mit dem Modulor entworfen wurde. Le Corbusier hat damit eine ganze Architektur- und Design-Epoche geprägt mit Wirkung noch bis in die Neuzeit.

Der Modulor – Mass und Proportionen im Pavillon Le Corbusier in Zürich.

Die Ausstellung zeigt die Entwicklungsgeschichte des Modulor im Zeitablauf und in Form zahlreicher Umsetzungen. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

«Form follows function» lehrt uns die Moderne: Häuser und Gegenstände seien allein aus der Aufgabe heraus zu entwickeln. Umso erstaunlicher ist es, dass sich ausgerechnet Le Corbusier (1887–1965), ein Fahnenträger der Avantgarde, sein Leben lang mit Idealmassen und Proportionssystemen auseinandersetzte.

Der Modulor – Mass und Proportionen im Pavillon Le Corbusier in Zürich.

Des Pudels Kern: Das Originalmessband, mit dem Le Corbusier seine Projekte entworfen hat. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

Die Ausstellung «Der Modulor» illustriert seine leidenschaftliche Recherche, zeigt Vorbilder aus der Natur wie Schneckengehäuse oder Mineralien, aber auch Anknüpfungspunkte aus der Kunstgeschichte von der Gotik bis heute. Höhepunkt dieser Suche ist die Entwicklung und Anwendung des legendären Modulor, der den menschlichen Massstab mit dem Goldenen Schnitt verbindet. Le Corbusier perfektionierte die programmatische Modulor-Figur und deren geometrische Herleitung in unzähligen Versionen. Mithilfe seiner Massreihen realisierte er spektakuläre Entwürfe in der Gebrauchsgrafik, im Möbeldesign, im Städtebau und in der Architektur – darunter den Zürcher Pavillon, der integral mit dem Modulor proportioniert ist. 

Natur als Inspiration 

Der Modulor – Mass und Proportionen im Pavillon Le Corbusier in Zürich.

Le Corbusier war nicht nur Architekt und Designer. Als Künstler harmoniert er seine Bilder und Bauten mithilfe einfacher geometrischer oder arithmetischer Mittel. Im Eingangsbereich des Zürcher Pavillons Le Corbusier ist eines seiner Bilder zu sehen. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

Noch in seiner Schulzeit beginnt der junge Le Corbusier die Wachstumsgesetze der Natur zu studieren: Sein Lehrmeister Charles L’Éplattenier sagte: «Seule la nature est inspiratrice». Die Begeisterung für die Formen und Strukturgesetze der Natur wird das gesamte Werk Le Corbusiers durchziehen. 1939 etwa liefert die Spirale eines Schneckenhauses den Ausgangspunkt für sein Projekt für ein «unbegrenzt wachsendes Museum».

Der Modulor – Mass und Proportionen im Pavillon Le Corbusier in Zürich.

Blick aus dem Pavillon mit Modell des Gebäudes. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

Auch als Architekt und Künstler beginnt Le Corbusier, seine Bilder und Bauten mithilfe einfacher geometrischer oder arithmetischer Mittel zu harmonisieren. Die Flächendiagonalen und deren rechte Winkel werden zu einem unsichtbaren Gerüst, an dem er seine Kompositionen ausrichtet – der «tracé régulateur» erlaube «eine sehr grosse Präzision in der Proportionierung» und diene als Werkzeug zur Klärung der Gestaltungsabsichten. 

Der Modulor – vom Sitzmöbel bis zum Städtebau 

Im Hinblick auf das erhoffte Ende des Zweiten Weltkriegs und dem damit verbundenen Wiederaufbau entwickelt Le Corbusier zwischen 1943 und 1945 ein eigenes Proportionssystem. Es gelingt ihm, die Proportionen des Menschen und den Goldenen Schnitt in eine geometrische Beziehung zu setzen und davon zwei Progressionen mit Massen abzuleiten, die sich ergänzen und die alle für den Entwurf wichtigen Abmessungen des menschlichen Körpers enthalten. Indem er die Höhe der Modulorfigur auf sechs Fuss festlegt, überwindet er die Unvereinbarkeit des metrischen Masses und des angloamerikanischen Fussmasses und macht seine Proportionslehre damit zu einem universell einsetzbaren Werkzeug.

Der Modulor – Mass und Proportionen im Pavillon Le Corbusier in Zürich.

Das Gebäude als Teil der Ausstellung zeigt die konsequente Anwendung des Modulor. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

 In all seinen Bauten ab 1946 setzt Le Corbusier den Modulor nun konsequent ein: Beispielsweise für die Fassaden der Fabrik Duval in Saint-Dié oder beim Kloster La Tourette, selbst der Grundriss der indischen Kapitale Chandigarh entwickelt er in Modulormassen. Vor allem in kleinerem Mass-stab entfaltet der Modulor sein ganzes Potential, so bei Corbusiers legendärem Ferienhäuschen «Cabanon» am Mittelmeer oder dessen Inneneinrichtung. 

Das Hauptexponat: der Pavillon 

Pavillon Le Corbusier mit Ausstellung zu Modulor

Der Pavillon Le Corbusier ist selbst Teil der Ausstellung. Bild: © Werner Mäder, Uetikon

Der Pavillon Le Corbusier wird seit seiner Eröffnung 1967 als Ausstellungsort betrieben, um das Werk und die Ideen Le Corbusiers einem breiten Publikum zu vermitteln. Die Besucherinnen und Besucher können den Pavillon selbständig begehen und entdecken. Auf rund 600 Quadratmetern und über vier Geschosse hinweg gewährt der Pavillon unterschiedliche Ein- und Ausblicke. Auch die kleine Dachterrasse mit freiem Blick auf das Zürichhorn und den See ist zugänglich. 

Publikation 

Der Modulor: Mass und Proportion / The Modulor: Measure and Proportion (D/E)
Museum für Gestaltung Zürich (Hg.) / Christian Brändle und Arthur Rüegg
Erhältlich in den Museumsshops und im eShop (CHF 10) 

Veranstaltungen

Alle aktuellen Details bezüglich Führungen, Workshops, Gesprächen und Konzerten sowie zu den zu befolgenden Sicherheitsregeln sind auf der Website zu finden. 

Öffnungszeiten 

Dienstag bis Sonntag 12–18 Uhr, Donnerstag 12–20 Uhr (Öffnungszeiten an Feiertagen)