Die Märkte sind bekanntlich unterschiedlich betroffen von der Corona-Pandemie. Der Immobilienmarkt in der Schweiz scheint relativ stabil zu sein. Wir vom Wüst-und-Wüst-Magazin haben Beat Hürlimann, CEO von Wüst und Wüst, gefragt, wie sich aus seiner Sicht der Markt für Wohnimmobilien der gehobenen Klasse präsentiert, in der sein Unternehmen tätig ist.
Beat Hürlimann: Dieser Markt ist angebotsseitig komplett ausgetrocknet. Die Nachfrage nach Villen, Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen im oberen Marktsegment ist in den letzten Monaten stark angestiegen. Weil dieser Nachfragesog auf ein zu geringes Angebot trifft, ist ein Engpass entstanden, der zu steigenden Preisen geführt hat. Aktuell kommen immer noch zu wenige Angebote auf den Markt, was den Trend zu höheren Preisen weiter verstärkt.
Welche Trends erkennen Sie im Marktsegment der höherwertigen Wohnimmobilien auch als Folge von Covid-19?
B.H.: Nach einer kurzen Zeit der Unsicherheit im Frühling 2020, verursacht durch den Schock beim Ausbruch der Pandemie, hat sich am Markt ziemlich schnell die Überzeugung durchgesetzt, dass Wohnimmobilien wertmässig von der Krise nicht betroffen sein würden. Wir hatten schon in unserem Newsletter vom ‘April 2020’ beruhigt, dass man sich in der Schweiz bezüglich dem Wert seines Eigenheims nicht allzu grosse Sorgen machen müsse, selbst wenn kurzfristig Anderes zu beobachten sein sollte. Es werden seit einigen Monaten – nicht nur in der Schweiz – vermehrt freistehende Liegenschaften und generell Immobilien an naturnaher Lage gesucht. Es gibt einen starken Drang, sich in der sicheren Natur aufzuhalten, was beispielsweise auch der Nachfrageboom bei Velos zeigt.
Auf welche anderen Faktoren ist das knappe Angebot in diesem Sektor zurückzuführen?
B.H.: Hochwertige Immobilien an guten Lagen sind in der kleinen Schweiz schon seit langer Zeit ein rares Gut, auch wenn vor der Pandemie an gewissen Orten ein Preisstabilisierung feststellbar war. Die Covid-Krise hat gezeigt, dass die Schweiz mit einem leistungsfähigen Gesundheitssystem und diversen anderen Standortvorteilen eine hohe Lebensqualität garantiert, die speziell von vermögenden ausländischen Zuzügern geschätzt wird. Die starke Nachfrage der letzten Monate wurde nach unserer Beobachtung auch von ausländischen Interessenten getragen. Die angedachte Entwicklung der Raumplanung wird in der Schweiz dazu führen, dass das Angebot für Wohnimmobilien im oberen Marktsegment tendenziell begrenzt bleiben wird, weshalb der Wert von Bestandesimmobilien mittelfristig weiter steigen dürfte.
Was sind die Auswirkungen des knappen Angebots an hochwertigen Wohnliegenschaften für KäuferInnen und VerkäuferInnen?
B.H.: Wer jetzt nach einer passenden Wohnimmobilie sucht, muss viel Geduld haben oder bereit sein, Kompromisse bezüglich dem Kaufobjekt einzugehen und vermutlich einen höheren Preis bezahlen als in 2020. Umgekehrt können verkaufsbereite Eigentümer mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, für ihre Immobilie in den nächsten Monaten einen besseren Preis zu erzielen als noch vor einem Jahr.
Als wie stabil beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung? Werden die Preise weiterhin hoch bleiben, auch nach Abflauen der Pandemie?
B.H.: Wie lange die aktuelle Marktsituation anhält, ist nicht voraussehbar. Es ist durchaus denkbar, dass sich die Situation mit der absehbaren Abschwächung der Pandemie in den nächsten Monaten etwas entspannt. Einige uns bekannte Eigentümer haben ihre Verkaufsabsichten vorläufig aufgeschoben, weil sie abwarten wollten, wie sich die Pandemie entwickelt und auswirkt; man wollte den sicheren Hort nicht mitten in der Krise verlassen.
Wie sollen aus Ihrer Sicht potentielle KäuferInnen solcher Liegenschaften tun, um zu einem geeigneten Angebot zu kommen?
B.H.: Man sollte den Markt aufmerksam beobachten, ein Anforderungsprofil mit Musskriterien erstellen und bei verschiedenen Vermarktern deponieren. Eventuell macht es Sinn, einem etablierten Immobiliendienstleister im Luxussegment ein exklusives Suchmandat zu erteilen. Dieses Vorgehen kann eine Option sein, wenn man keine Zeit hat, die Entwicklung am Markt zu verfolgen und neue Angebote zu prüfen, was zeitintensiv ist. Bei einem Sucherfolg muss zusätzlich zum Kaufpreis eine Vermittlungsprovision für den mandatierten Dienstleister einkalkuliert werden.
Wie gut präsentiert sich die aktuelle Marktsituation für VerkäuferInnen von gehobenen Wohnliegenschaften und welches Vorgehen empfehlen Sie?
B.H.: Wer geplant hat, seine Immobilie in mittlerer Frist zu verkaufen, sollte sich vielleicht überlegen, ob nicht jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, über einen Verkauf in den nächsten Monaten nachzudenken, um von der Marktsituation zu profitieren. In diesem Fall wäre es sinnvoll, zeitnah bei einem renommierten Vermarkter eine Marktwertschätzung einzuholen und ein Verkaufsmandat zu besprechen. Oft zögern Eigentümer, ihre Immobilie am Markt anzubieten, bevor sie für sich ein neues Zuhause gefunden haben. Mit einer entsprechenden Kaufvertragsausgestaltung lässt sich dieses Problem grundsätzlich lösen, indem die Übergabe der Immobilie vertraglich nach dem Wunsch des Verkäufers terminiert wird, damit genug Zeit bleibt für den Übergang.
Vielen Dank für dieses Gespräch.