Mit der Ausstellung »Home Stories. 100 Jahre, 20 visionäre Interieurs« initiiert das Vitra Design Museum eine neue Debatte über das private Interieur, seine Geschichte und seine Zukunftsperspektiven. Denn unser Zuhause ist Ausdruck unseres Lebensstils, es prägt unseren Alltag und bestimmt unser Wohlbefinden; die Visionen machen deutlich, wie sich dieser Ausdruck in den letzten Jahren verändert hat. Die Ausstellung führt die BesucherInnen auf eine Reise in die Vergangenheit und zeigt, wie sich gesellschaftliche, politische und technische Veränderungen der letzten 100 Jahren in unserem Wohnumfeld widerspiegeln.
Im Zentrum stehen die grossen Umbrüche, die das Design und die Nutzung des westlichen Interieurs geprägt haben – von aktuellen Themen wie knapper werdendem Wohnraum und dem Verschwinden der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben über die Entdeckung der Loftwohnung in den 1970er Jahren, aber auch dem Siegeszug einer ungezwungeneren Wohnkultur in den 1960ern und dem Einzug moderner Haushaltsgeräte in den 1950ern bis hin zu den ersten offenen Grundrissen der 1920er Jahre. Diese Umbrüche werden anhand von 20 stilbildenden Interieurs veranschaulicht.
Die Gestaltung und Produktion von Möbeln, Textilien, Dekorationselementen und Lifestyle- Accessoires für das Zuhause beschäftigt heute eine gigantische, globale Industrie. Die neuesten Interieur-Trends unterhalten eine ganze Medienlandschaft aus Zeitschriften, Fernsehsendungen, Blogs und Social-Media-Kanälen. Doch während soziale und architektonische Themen wie die Frage nach bezahlbarem Wohnraum heute lebhaft debattiert werden, findet eine ernsthafte gesellschaftliche Auseinandersetzung über das Wohninterieur nicht statt. Dies soll die Ausstellung »Home Stories« ändern. Die ausgewählten Interieurs zeigen, in welchem Masse die Gestaltung von Wohnräumen durch einzelne Gestalterpersönlichkeiten, aber stets auch durch Einflüsse aus Kunst, Architektur, Mode oder Set-Design beeinflusst werden. Während viele Interieurs heute eine von Möbelanbietern oder Instagram vorgelebte Monotonie aufweisen, zeigt die Ausstellung mit einer Fülle von Exponaten, was für eine reiche, überraschende Disziplin Interior Design sein kann. Auf eindrückliche Art und Weise wird damit die jüngere Geschichte des privaten Wohnens neu entdeckt.
Die Ausstellung »Home Stories« beginnt mit zeitgenössischen Interieurs, die das gegenwärtige drastische Umdenken im Wohnbereich skizzieren. Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich den radikalen Traditionsbrüchen im Interior Design von den 1960er bis zu den 1980er Jahren. Eine weitere entscheidende Phase in der Entstehung des modernen Interieurs war die unmittelbare Nachkriegszeit, als die moderne Formensprache der Avantgarde den Weg in immer mehr Wohnungen der westlichen Welt fand. Die Ursprünge des modernen Interieurs verortet die Ausstellung in den zukunftsweisenden Wohn- und Einrichtungskonzepten der 1920er und 1930er Jahre, die bis heute viele Wohnräume prägen.
Anders als heute standen Wohnfragen in dieser Entstehungszeit des modernen Interieurs im Zentrum lebhafter, oft politischer Debatten. Diese Debatten bewegten sich auch in den folgenden Jahrzehnten zwischen den Polen der Funktionalität und Reduktion einerseits, sowie den Polen der Individualität und Ornamentierung andererseits. Dieser Gegensatz prägt unsere Interieurs bis heute. Die Ausstellung »Home Stories« präsentiert entscheidende Wegmarken dieser Entwicklung und zeigt, dass die Leitfrage dieser Debatte heute noch genauso aktuell ist wie vor 100 Jahren: »Wie wohnen?«
Im Rahmen der Ausstellung wird auch die begehbare Rekonstruktion der »Visiona 2« des dänischen Designers Verner Panton im Feuerwehrhaus zugänglich sein. Die organisch geformte Wohnlandschaft in Rot- und Blautönen, inspiriert von Popkultur und Science-Fiction, gilt als eines der ungewöhnlichsten Wohninterieurs des 20. Jahrhunderts.
Zur Ausstellung ist eine umfangreiche Publikation mit Beiträgen von Joseph Grima, Alice Rawsthorne und Penny Sparke sowie Interviews mit Nacho Alegre, Adam Charlap Hyman, Ilse Crawford, Sevil Peach und anderen erschienen. Begleitet wird die Ausstellung im Vitra Design Museum von einem vielfältigen Programm mit Vorträgen, Publikumsgesprächen, Workshops und weiteren Veranstaltungen.