Am Dienstag, 7. Dezember 2021 hat die Zeitschrift Hochparterre zusammen mit dem Museum für Gestaltung Zürich die besten Projekte in den Disziplinen Architektur, Design und Landschaftsarchitektur gekürt und ‹Das Kaninchen – Senn-Förderpreis für junge Architektur› vergeben.
Die Ausstellung der prämierten Projekte ist bis 10. Januar 2022 im Museum für Gestaltung in Zürich zu sehen. Ausserdem können Sie auch alles Wichtige über die PreisträgerInnen in der Dezember-Ausgabe von Hochparterre nachlesen, die Sie auch direkt beim Verlag bestellen können.
And here hey are: „Die Besten 2021“
Die PreisträgerInnen in der Kategorie Architektur
Gold gibt es für die Renovation Cité du Lignon, Vernier GE
Architektur: Jaccaud + Associés, Genf
Bauherrschaft: Pensimo Gruppe, Zürich, mit Anlagestiftungen Turidomus, Imoka, Bellerive Immobilien und Swissinvest Immobilien; BVK, Zürich; Fondation HBM Camille Martin, Genf; Rente Immobilière, Genf; Marconi Investment, Genf
Die Instandsetzung der grössten Schweizer Wohnsiedlung war ein grosser Kraftakt, den die Architekten präzis und unprätentiös vollbracht haben. Der Atlas mit den unzähligen Detaillösungen ist eine bemerkenswerte Planerleistung. Das Projekt steht für eine exemplarische Zusammenarbeit von Forschung, Behörden, Eigentümerschaft, Bewohnerinnen, Denkmalpflege und Planern. Die dreizehnjährige Planungs- und Bauzeit erforderte besondere Ausdauer. Der Erhalt der Mieterschaft zeugt von einer sozialverträglichen Strategie, die bei einem Projekt in dieser Grösse einmalig ist.
Der Eingriff ist ökologisch, weil er viel graue Energie erhält, den Energiebedarf im Betrieb aber halbiert. All dies ist zukunftsweisend, auch im kleineren Massstab.
Silber gibt es für Instandsetzung, Umbau und Erweiterung des Kurtheaters Baden (AG)
Architektur: Elisabeth & Martin Boesch Architekten, Zürich
Bauherrschaft: Theaterstiftung Region Baden-Wettingen; Stadt Baden
Martin und Elisabeth Boesch haben das denkmalgeschützte Theater selbstbewusst mit neuen Teilen ergänzt, bestehende Bereiche haben sie sorgfältig saniert. Das Resultat wirkt selbstverständlich und verwischt die zeitlichen Grenzen. Das Projekt ist eine denkmalpflegerische und baukünstlerische Sonderleistung. Das zeugt von ingerspitzengefühl und Geduld. Dreizehn Jahre nahm die Planungs- und Bauzeit in Anspruch. Die Rückschläge und Verzögerungen, die das Projekt erleiden musste, sind dem fertiggestellten Bau nicht anzusehen. Auch das ist bemerkenswert im neuen Kapitel der Baugeschichte des Theaters.
Und Bronze gibt es für den Umbau der Alten Reithalle, Aarau (AG)
Architektur: Barão-Hutter Atelier, St. Gallen
Bauherrschaft: Stadt Aarau; Kanton Aargau
Die Architekten haben die Alte Reithalle radikal erhalten und mutig umgebaut. Die Atmosphäre des Gebäudes und die Zwischennutzung definierten das Raumprogramm. Dies ist ein wichtiges Statement.
Das Einraumereignis ist ein bemerkenswertes Experiment und ein verblüffender Gewinn für den Ort und die Nutzung. Die Architekten schaffen die Wende, weil sie Backstage-Direktheit lustvoll auf Denkmal-Gedanken prallen lassen. Und weil sie zehn Jahre lang an ihrer Idee festhielten. Der unverstellte Raum bietet der Kultur neue, fast grenzenlose Möglichkeiten. Zudem wird die Reithalle zum Nukleus der Stadtentwicklung auf dem Kasernenareal. So wirkt das Projekt auf vielen Ebenen als Katalysator.
Die PreisträgerInnen in der Kategorie Design
Gold gibt es für das Kunstriff vor San Andrés in Kolumbien
Design, Organisation und Umsetzung: Rrreefs, Zürich und Berlin
Die Jury lobt den holistischen Ansatz dieses Projekts, das im Bereich Planet Centric Design angesiedelt ist. Auch lobt die Jury die Umsetzungsstärke des Teams, dem es gelungen ist, mit 3-D-Druck ein modulares Riff zu entwickeln, zu testen, zu finanzieren und zu produzieren. Rrreefs schaffte es, Partnerorganisationen zu involvieren, 230 Bausteine nach Kolumbien zu verschiffen und dort ein erstes Riff aufzubauen. Nun beginnt der entscheidende Schritt des Designprozesses, der die Natur konsequent einschliesst: Meereslebewesen besiedeln die Tonoberflächen. Die nach technisch-funktionalen Kriterien gestalteten Bausteine überzeugen auch durch ihre ästhetische Qualität, die das Potenzial hat, wissenschaftliche Resultate zugänglicher zu machen.
Silber gibt es für das Handbuch ‹Organisiert euch! Zusammen die Stadt verändern›
Herausgeberschaft: Urban Equipe und Kollektiv Raumstation, Zürich, Wien, Berlin
Wer sein Lebensumfeld aktiv mitgestalten möchte, braucht nicht nur Elan, sondern auch Wissen über Strukturen, Kommunikation oder Buchhaltung. Aus diesem Grund haben zwanzig Kollektive aus dem deutschsprachigen Europa ihre Erfahrungen zu einem Ratgeber in Buchform komprimiert. ‹Organisiert euch!d› ist gut gestaltet, übersichtlich und zugänglich. Veröffentlicht unter einer Creative-Commons-Lizenz, dient das Handbuch als Ausgangspunkt für alle, die mit demokratischen, partizipativen Bottomup-Prozessen ihre Stadt verändern und mitgestalten wollen. Durch den Transfer von gesammeltem Wissen funktioniert das Buch zudem als Multiplikator. Die Anbindung an eine Onlineplattform sowie an eine Open-Source-Software lassen weitere Entwicklungsmöglichkeiten offen.
Und Bronze gibt es für die Teppichserie ‹Domestic Surfaces›
Entwurf und Produktion: Estelle Bourdet, Berga ( SE )
Durch die Kombination der traditionellen Fertigungstechnik des Handwebens mit digitalen Entwurfsverfahren schafft Estelle Bourdet eine eigenständige visuelle Sprache von hoher ästhetischer Qualität.
Die Designerin sammelt Alttextilien und Pflanzenfarben, stellt eigene Färbemittel her und interpretiert eine alte Recyclingmethode auf zeitgemässe Weise. Die Verwendung nachhaltiger Ressourcen, die vollständige Kontrolle des Herstellungsprozesses, die langsame Produktionsweise und die offen gezeigten Spuren des alten Handwerks machen die Teppiche zu charakteristischen Einzelstücken, die sowohl als Kunst wie auch als Gebrauchsgegenstände gelten können.
Die PreisträgerInnen in der Kategorie Landschaftsarchitektur
Gold gibt es für den ‹Inneren Garten›, Zürich
Landschaftsarchitektur: Mavo Landschaften, Zürich
Auftraggeberschaft: Stadt Zürich, Amt für Städtebau, Grün Stadt Zürich (Grobkonzept, Gestaltungsrichtlinien);
Nyffenegger AG; Leutschenbach AG; Swisslife (Innerer Garten West); Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich
(Teilabschnitt Schutz und Rettung)
Ein Paradebeispiel dafür, wie sich Landschaftsarchitektur über die Parzellengrenze hinausdenken lässt und wie sie wirken kann. Basis der intelligenten Anleitung zur Durchgrünung und -wegung der strassenabgewandten Seiten des Gewerbequartiers ist ein ausgeklügeltes Regelwerk. Es schafft öffentlichen Raum auf privatem Grund und kreiert einen intimen, fussgängerorientierten Freiraum, der die quartiereigenen Freiraumtypen Strasse und Park wohltuend erweitert. Die Landschaftsarchitektinnen haben eine strategische und städtebauliche Idee in räumlich und atmosphärisch wirksame Gestaltungsrichtlinien übersetzt, die investorentauglich wie auch juristisch umsetzbar sind.
Es ist zu hoffen, dass dieses Regelwerk Schule macht, denn Gewerbe- und Industriequartiere in Transformation gibt es noch genug.
Silber gibt es für die landschaftliche Begleitplanung Nordumfahrung Zürich
Landschaftsarchitektur: Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur
Auftraggeberschaft: Bundesamt für Strassen (ASTRA), Filiale Winterthur
Die Gestaltungsvorgaben zur Nordumfahrung Zürich schälen das landschaftliche Potenzial von Verkehrsinfrastrukturanlagen heraus. Die Förderung von Ökologie und Biodiversität ist bei solchen Bauvorhaben gesetzlich längst verankert, aber erst die gestalterische Beratung der Ingenieure macht daraus ein grossmassstäbliches Landschaftsarchitekturprojekt in der Kulturlandschaft. Das Resultat ist eine grosszügige und selbstbewusste wie auch dezente und rücksichtsvolle Gestaltung des umfangreichen Verkehrsbauwerks. Fliessende Linien und einheitliche, ruhige Lösungen in Grossform und Detail zeichnen das Projekt aus.
Und Bronze gibt es für den Flughafenpark, Kloten (ZH)
Landschaftsarchitektur und Generalplaner: Studio Vulkan, Zürich, mit Robin Winogrond
Bauherrschaft: Flughafen Zürich AG
Das Projekt ‹The Park› vereinigt Natur, Stadt, Verkehr und Erholungsraum gewinnbringend. Der szenografische Entwurf baut auf den bestehenden Naturschutz- und Waldgebieten auf und setzt wichtige Themen der klassischen Parkgestaltung markant um: Lichtung, Wasserspiel, Aussichtspunkt oder Rundweg. Dank seiner Vielschichtigkeit und verkehrstechnischen Zugänglichkeit ist der Flughafenpark schnell zum Anziehungspunkt für Erholung Suchende geworden. Obwohl die Gestalter nur mit subtilen Auslichtungen in den Wald eingreifen durften, sind überraschende Orte entstanden: Baumhalle, Haselallee, Feuerring oder Yogainsel. Der Flughafenpark zeichnet ein neues Bild von Stadtnatur und ist ein einzigartiger naturnaher Freiraum inmitten einer unwirtlichen Verkehrslandschaft.
Und ‹Das Kaninchen – Senn Förderpreis für junge Architektur› gibt es für das Haus im Hof Basel
Architektur: Piertzovanis Toews, Basel
Bauherrschaft: privat
Dieser Dachausbau im Matthäusquartier ist strukturell einfach. Das einstige Sparrendach ist zum Bandfenster aufgeklappt. Ein verborgener Stahlträger spannt zwischen den Flügelw.nden und ruht auf einem pittoresken, grün schimmernden Ring. Darüber trägt ein filigranes Holzwerk eine gewellte Blechlandschaft mit gegengeneigtem Vordach, über die das Regenwasser rinnt und in einer einzigen Kastenrinne abläuft. Der Innenraum setzt die alte Konstruktion neu in Szene. Das Treppengeländer, die Lampe und selbst der Waschtrog sind aufwendige Designstücke. Diese unnachgiebige Liebe zur einfachen Konstruktion und zum poetischen Baudetail überzeugen und berühren.